Viele Menschen schreckt der Gedanke ab, bei einer Wildfremden Person zu übernachten. „Das ist doch total gefährlich, vor allem als Frau“, bekam ich oft zu hören. Ich habe es bisher in meiner Zeit bei Couchsurfing und in den Wohnungen der Couchsurfer keine einzige Sekunde lang als gefährlich empfunden. Im Gegenteil: die „Anbieter“ riskieren viel mehr, schließlich wollen die Meisten nicht einmal deinen Personalausweis sehen und überlassen dir aber ihr gesamtes Hab und Gut. Man vertraut sich eben.
Doch wie funktioniert Couchsurfing?
CS ist eine Onlinecommunity, der man kostenlos beitreten kann. Menschen auf der ganzen Welt bieten hier Übernachtungsmöglichkeiten für Lau an. Das Prinzip funktioniert eigentlich so: du bietest ein Zimmer an, jemand anderes das seine und so hat jeder irgendwo auf der Welt die Möglichkeit, bei einer fremden Person zu übernachten. Natürlich ist es nicht verpflichtend sein eigenes Bett zur Verfügung zu stellen, aber davon lebt die Community nun einmal.
Man sucht sich eine Stadt, in die man reisen möchte aus und kontaktiert dort die Couchsurfer, die einem am Meisten zusagen. Jedes Mitglied besitzt ein Profil, welches über die Person ziemlich viel aussagt und oftmals recht lustig geschrieben wurde, sodass man sich sofort wohlfühlt. Meistens antworten sie recht schnell, ob sie eine Couch zur Verfügung haben oder nicht. Ich habe sogar schon einmal eine Nacht vorher gesucht und auf Palma sofort jemanden gefunden, allerdings könnte dies in kleineren Gegenden etwas schwieriger werden. Daher empfehle ich dir, ca. eine (höchstens zwei) Woche(n) im Voraus zu schauen, wo ein Sofa für dich bereit stehen würde. Es ist nicht verpflichtend, aber gehört irgendwie zum guten Ton, dass man ein kleines Gastgeschenk mitbringt (Alkohol, Mitbringsel aus der Heimat etc.) und vielleicht einmal die Küche aufräumt, wenn man länger als nur eine Nacht bleibt. Generell, denke ich, dass man seinen zweiwöchigen Urlaub nicht nur bei einem einzigen Couchsurfer verbringen kann, da dieses Angebot sich eher an Menschen richtigen, die ein paar Tage eine bestimmt Stadt sehen wollen, aber kein Geld für eine Unterkunft ausgeben könne oder möchten.
Meine Couchsurfing-Geschichten
Ich erinnere mich an jeden netten Gastgeber, bei dem ich bisher geschlafen habe, weil sie sich alle sehr herzlich um mich und meine Freunde gekümmert haben. Viele Couchsurfer bieten auch an, einem eine nicht zu touristische Sightseeing-Tour zu geben und nehmen einen natürlich auf zur besten Party der Stadt mit.
Das erste Mal „gecouchsurft“ bin ich gemeinsam mit einer Freundin im Hamburg. Wir wollten verreisen, hatten aber in unserem jugendlichen Charme kein Geld für ein teures Hotel. Auf der Suche nach günstigen Unterkünften sind wir auf Couchsurfing gestoßen und ich war sofort Feuer und Flamme, sie eher etwas skeptisch. Wir schrieben mit einem Mittzwanziger, der sehr sympathisch wirkte und uns ein paar Tage später sogar vom Bahnhof abholen wollte (das haben bisher alle gemacht). Er hat uns also abgeholt, uns seine Wohnung gezeigt und uns seine Pläne für den Abend verraten, denen wir uns gerne anschließen könnten. Es war ein lustiges Treffen mit seinen Freunden, die sich sehr für uns interessierten. Am nächsten Tag machten wir dann Sightseeing und ich lernte Hamburg von einer ganz neuen Seite kenne – seitdem liebe ich diese Stadt.
Meine prägendsten CS-Erinnerungen habe ich aber in Spanien gemacht, weil die Menschen dort so locker, offen und spontan sind. Eine Freundin und ich wollten die Studentenstadt Salamanca sehen und buchten einen Bus von Madrid aus in die Kleinstadt. Auch hier wurden wir von unserem Couchsurfer vom Bahnhof abgeholt und gingen anschließend in seine WG, in der aktuell 6 Leute untergebracht waren. Sie alle schliefen noch ihren Rausch aus, denn einen Abend vorher war die Semsterabschlussparty, die wir leider verpasst haben. Der Spanier gab uns seinen Schlüssel, sagte dass wir uns gerne erst einmal alleine die Stadt anschauen könnten, er und seine Freunde um 16 Uhr aber bereit wären, herumzuführen und Abends mit uns wegzugehen. Also zogen wir zunächst alleine los, wie versprochen standen die Jungs aber alle um die vereinbarte Zeit auf der Matte. Der eine studierte Geschichte und erzählte uns über jeden Winkel der Stadt etwas, danach zeigten sie uns ihre Lieblingsbar. Wieder zu Hause angekommen bekochten wir sie und machten uns für das abendliche Ausgehen bereit. Es war ein ziemlich lustiger Abend, vor allem weil so viele verschiedene Menschen und Nationalitäten in dieser kleinen WG aufeinander prallten, die alle ihre eigene Geschichte zu erzählen hatten. Das ist auch einer der Gründe, wieso ich diese Art zu reisen so liebe: man lernt Menschen auf der ganzen Welt mit den spannendsten und interessantesten Lebensläufen, die ich je gehört habe, kennen.
Aber Couchsurfing heißt nicht nur, dass man zum Partymachen kommt. Als ich einen Flug über Palma de Mallorca gebucht habe, stellte ich erst später fest, dass mein endgültiger Rückflug erst am nächsten Tag gehen würde. Anstatt die Nacht am Flughafen zu verbringen, suchte ich mir also jemanden, der mir ein warmes Bett und einen entspannten Abend auf Palma bescheren würde. Ich fand einen spanischen Mittdreißiger, der fest im Leben stand und Couchsurfing nur machte, weil er gerne neue Menschen aus aller Welt kennenlernt. Er erzählte mir von zwei Schweden, die vor ein paar Tagen noch zu Besuch waren, auch seine Bewertungen sprachen für ihn – also sagte ich ihm zu. Vom Flughafen abgeholt, zu Hause angekommen, fragte er mich, ob ich die Stadt noch sehen möchte. Wir gingen die kleinen Gassen von Palma entlang, bis wir an eine Kathedrale kamen, wo ein Privatkonzert für die Königin stattfand. Eigentlich waren die Tickets für den Eintritt sehr teuer, aber da das Konzert schon fast zu Ende und ich „nur einen Abend zu Besuch“ war, durften wir ohne gültiges Ticket eintreten. Es war sehr interessant, so etwas mal zu sehen und auch zu wissen, dass man mit der spanischen Königin in einer Kirche saß. Später gingen wir in ein typisch spanisches Lokal, wo die Sitze Fässer waren, und tranken einen Wein. Er erzählte mir, was die auf Mallorca lebenden Spanier über die Deutschen denken, was außerdem noch sehenswert ist auf unserer beliebtesten Insel im Mittelmeer und wen er durch Couchsurfing schon alles kennengelernt hat. Am nächsten Morgen musste ich um 6 Uhr bereits am Flughafen sein und er fuhr mich, trotz der frühen Uhrzeit. Das war das erste Mal, dass ich ganz alleine gecouchsurft bin und ich muss sagen, ich würde es immer wieder tun. Denn obwohl es ein Mann war und obwohl er einige Jahre älter war als ich, habe ich mich keine Sekunde lang unwohl gefühlt. Natürlich sollte man trotzdem vorsichtig sein und auf seinen gesunden Menschenverstand vertrauen, aber auch in seiner Heimat steigt man nicht einfach so zu jedem wildfremden ins Auto.
Zusammenfassend würde ich sagen, dass Couchsurfing eine coole, kostenlose Alternative ist, um irgendwie zu übernachten und Freunde auf der gesamten Welt zu finden. Allerdings ist es nicht geeignet, um seinen gesamten Sommerurlaub bei einer Person zu verbringen, da es sich meistens nur um ein, zwei Nächte handelt, für die man ein Sofa sucht. Auch gibt es kaum eine Möglichkeit, innerhalb der Wohnung seine Privatsphäre zu wahren, da der kulturelle Austausch im Vordergrund steht. Wem seine Ruhe heilig ist, wer normalerweise in King-Size-Betten schläft oder wer für längere Zeit eine Privatunterkunft sucht, der sollte es mit Airbnb versuchen, da zahlt man allerdings auch ein kleines bisschen für die Unterkunft.
Was hast du bereits für Erfahrungen mit Couchsurfing gemacht? Würdest du dich trauen, bei einer wildfremden Person zu übernachten? Teile es mir in den Kommentaren mit!